Der zweite Teil meiner Praktikums-Tour führte mich heute Morgen um 03:00 Uhr in die Backstube der Bäckerei Holtermann in Seppenrade. Die Chefin, Lena Holtermann-Meiring, erzählte mir dabei aus über 160 Jahren Firmengeschichte am Standort Seppenrade – eine bemerkenswerte Erfolgs- und Familiengeschichte.
Der Vater der jetzigen Inhaberin, der im Jahr 2016 verstorbene Lüdinghauser Ehrenbürger Josef Holtermann, hat Lüdinghausen und Seppenrade durch sein kommunalpolitisches und ehrenamtliches Wirken geprägt, wie kaum jemand anderes in den vergangenen Jahrzehnten: Es war mir daher ein besonderes Bedürfnis auf seinen Spuren sowohl einen Einblick in den Alltag der Bäckerei als auch in seine ehemalige Wirkungsstätte zu bekommen. Und wenn man in der Backstube seinen Namen nennt, blickt man bei den Bäckergesellen in strahlende Gesichter und es werden sofort viele Geschichten und Anekdoten über ihn erzählt.

Für mich ging es zu Beginn der Schicht aber erstmal darum, die Abläufe in der Backstube kennenzulernen: Teigherstellung für die verschiedenen Brote, Vorbereitung der Backstuben-Brötchen sowie Produktion vieler leckerer Brötchen- und Kuchensorten bestimmen die Zeit, in der viele der späteren Kunden noch im Bett sind. Der Tagesablauf der Bäckerinnen und Bäcker ist natürlich ein anderer, als bei den meisten anderen in unserer Stadt. „Man gewöhnt sich an alles“ war die einvernehmliche Meinung. Leider ist es mittlerweile schwierig geworden, Nachwuchs für diesen wichtigen Beruf zu finden…
Besonders beeindruckt hat mich, wie viel Handwerkskunst in allen Produkten steckt: Man findet in der Backstube nur wenige technische Hilfsmittel, das Mehl und die Zutaten werden von Hand abgewogen und vermengt: Das schmeckt man dann später auch im fertigen Produkt:
Vorbereiteter Teig für Brötchen:


Mit Handarbeit zum fertigen Backstuben-Brötchen:


Nach Fertigstellung von Brot und Brötchen geht es mit süßen Sachen weiter: Was könnte das werden?

Hier die Auflösung:

Besonderes Highlight für mich: Ich durfte selber ran…

Denjenigen, die „meine“ Marzipanhörnchen heute genießen dürfen, wünsche ich einen guten Genuss…

Mir hat diese Station meiner Praktikumstour nochmal gezeigt, wie wichtig Handwerk, Tradition und regionale Verbundenheit für unsere Stadt sind. Für mich ist es wichtig, das auch zu stärken und zu fördern:
Leider haben wir in der Innenstadt und auch in Seppenrade viele Leerstände, die der Attraktivität und Frequenz in der Stadt und im Rosendorf schaden. Ich möchte versuchen, durch „Marktläden“ örtliche BäckerInnen, MetzgerInnen, heimische LandwirtInnen sowie regionale Erzeuger zusammenzubringen und in leerstehenden Ladenlokalen das Konzept „Marktladen“ in der Innenstadt zu realisieren. Leider fällt jetzt am Wochenende der Samstags-Markt wieder weg, so dass dieser positive Effekt für die Innenstadt insgesamt verloren geht. Der Versuch ist es wert: Ich werde mich künftig dafür stark machen, dass wir in einem „Marktladen“ das Frische-Angebot aus der Region auch an Nicht-Markttagen weiterhin in zentraler Innenstadtlage vorhalten und dafür gute Rahmenbedingungen schaffen. Die Markthallen- bzw. Marktladen-Kultur ist andernorts nicht mehr wegzudenken: Unsere Stadt hat sich mit dem CittaSlow-Gedanken der Regionalität und der Entschleunigung verschrieben. Das Konzept eines „Marktladens“ würde ideal dazu passen und die „Marke Lüdinghausen“ mit unserer Hinwendung zu Nachhaltigkeit und dem Bewusstsein unserer DNA weiter mit Leben füllen.